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Gerät

Das Radiocinéphone

Der Multimedia-Alleskönner für Zuhause.
Das Radiocinéphone

Radiotuner, Plattenspieler und 16mm-Tonfilmprojektor in einem

Auf der einen Seite dieses faszinierenden Möbelstücks befindet sich ein 16mm-Projektor, der Ton- und Stummfilme per Rückprojektion auf einer Mattscheibe abspielt. Eine Besonderheit des Projektors ist, dass für die Wiedergabe von Bild und Lichtton die selbe Lampe verwendet wird. Während das Radiocinéphone des Lichtspiels Stumm- und Tonfilme mit der gleichen Geschwindigkeit abspielt, wechselten spätere Ausgaben vermutlich automatisch zwischen 16 und 24 Bildern pro Sekunde.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Geräts kann man den Schallplattenspieler herunterklappen. Frühe Modelle spielten nur Schallplatten mit 78 Umdrehungen pro Minute ab, aber in späteren Jahren wurde ein Drehknopf hinzugefügt, mit dem man die Geschwindigkeit auf 16, 33 1/3, 45 und 78 Umdrehungen pro Minute einstellen konnte. In diesem Bereich befindet sich auch Umspulvorrichtung, mit der man den Film nach dem Ansehen zurückspulen kann. Alle Teile des Geräts verfügen über einen gemeinsamen Verstärker. Daher kann eine Schallplatte zur Begleitung eines Stummfilms verwendet werden.

Entertainment rund um die Uhr

Die wichtigste Eigenschaft des Geräts war, dass man zu jeder Tageszeit Filme sehen und Musik hören konnte. Dies war in den späten 1940er Jahren nicht selbstverständlich, als Radio- und Fernsehsender nur wenige Stunden Programm pro Tag präsentierten und Videobänder für den Verbrauchermarkt noch nicht erschwinglich waren. Farbfernsehen gab es in Frankreich und der Schweiz erst in den späten 1960er Jahren, aber das Radiocinéphone gab bereits Farbfilme wieder.

Abgesehen vom Einlegen des Films war es einfach zu bedienen. Die begrenzte Spulengrösse von 200m (ca. 18min) und das spezielle Lochdesign der Spulen führen uns zu der Frage: Welche Art Filme wurde mit dem Radiocinéphone angesehen? Leider konnten wir keine Hinweise darauf finden, ob Filme speziell für dieses Gerät produziert wurden.

Die Ursprünge

Das Radiocinéphone wurde erstmals 1946 von der Firma «La Société Générale Films Ham.» auf der Foire de Paris, einer Fachmesse für Kinoausrüstung, vorgestellt. Kurz darauf erfolgte die Gründung der «Compagnie Française du Radiocinéphone» im Zentrum von Paris, wo sich auch ein weiteres Unternehmen befand, das denselben Herren, Maurice Chicurel und Maurice Deshayes, gehörte: «La Caméra Sonore» (Brevet Mouillard).

Ende 1949 werden die beiden Firmen nach Courbevoie verlegt, in die Nähe einer Fabrik namens «Bronzavia», die Teile für die Luftfahrzeugindustrie herstellt. Auf einigen der späteren Modelle ist auf dem Typenschild dann auch vermerkt, dass die Herstellung des Radiocinéphones durch Bronzavia erfolgte und die Entwürfe von S.A.R.A.M. (Société d'Applications Radioélectriques à l'Aéronautique et à la Marine) stammen. S.A.R.A.M. wurde 1936 von Herrn Merles gegründet und sollte Innovationen in der Kommunikationstechnik für Flugzeuge entwickeln, wie z.B. Funksender oder Morsegeräte. Die Herstellung dieser Geräte wurde damals ebenfalls von Bronzavia übernommen. Die Beziehung zwischen den Erfindern des Radiocinéphone und den beiden Unternehmen bzw. wie es zu ihrer Zusammenarbeit kam, ist uns bis heute unbekannt.

Verbreitung

Artikel und Anzeigen lassen vermuten, dass das Radiocinéphone auch in Deutschland, den USA und - aus irgendeinem Grund - in Argentinien verkauft wurde. Aber alle Geräte, die wir bei unserer Untersuchung gefunden haben, konnten direkt mit einem Ursprung in Frankreich in Verbindung gebracht werden. Obwohl die Seriennummern der BS- und C-Modelle, die wir ausfindig machen konnten, zwischen 103 und 901 liegen, was darauf schliessen lässt, dass bis zu 901 Geräte hergestellt wurden, gehen einige Sammler davon aus, dass insgesamt nur etwa 600 Stück gebaut wurden. Es wird berichtet, dass vor wenigen Jahren viele Radiocinéphones von Sammlern erworben wurden, da sie zahlreich auf einer Messe in Paris auftauchten. Woher diese stammten und wie sie dorthin gelangt sind, ist uns ebenfalls noch ein Rätsel. Offensichtlich gibt es zum Radiocinéphone noch vieles herauszufinden!

Tales from the Vaults

Dieser Text ist eine freie Übersetzung des englischen Artikels in «Tales from the Vaults». Das Buch kann online bestellt werden.

Weiterführende Links

Helfen Sie mit!

Unser Radiocinéphone, das wir 2005 auf eBay ersteigert haben, ist grundsätzlich funktionstüchtig. Jedoch braucht es eine umfangreiche Revision: Die erfolglose Inbetriebnahme des Plattenspielers hatte gezeigt, dass die Kabel-Isolationen mit der Zeit brüchig geworden sind und ersetzt werden müssen. Mit Ihrer Spende können wir das Radiocinéphone wieder voll funktionsfähig machen!

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Die Projektionslampe diente gleichzeitig als Tonlampe für die Abtastung des Lichttons. Foto: Steff Bossert
Die Projektionslampe diente gleichzeitig als Tonlampe für die Abtastung des Lichttons. Foto: Steff Bossert
Plattenspieler und Umroller zum Zurückspulen des Films. Foto: Steff Bossert
Plattenspieler und Umroller zum Zurückspulen des Films. Foto: Steff Bossert
Werbung fürs Radiocinéphone
Werbung fürs Radiocinéphone
Der Filmprojektor funktioniert, der Plattenspieler muss noch revidiert werden.
Der Filmprojektor funktioniert, der Plattenspieler muss noch revidiert werden.
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